Am 19. September 2014 fand in der Nähe von Bad Windsheim ein ziemlich seltenes Ereignis statt: die Landverlosung auf dem Osing, die nur alle zehn Jahr erfolgt. Sie folgt einem alten, angeblich fränkischen, allmendeähnlichen Recht. Der Grund, hier eine Hochfläche, befindet sich in Gemeinbesitz – in diesem Fall von vier Ortschaften. er wird aber nicht wie bei klassischen Weideallmenden gemeinsam genutzt, sondern einzeln. Um die qualitativen Ungleichheiten der Böden auszugleichen, wird eben alle zehn Jahre verlost. Wir kennen das auch aus den Beispielen von Elenor Ostrom (Governing the Coomons / Die Verfassung der Allmende). Nähere Angaben finden sich auf der Website des örtlichen Traditionsvereins und auch auf Wikipedia.
Angesichts der Seltenheit des Ereignisses machte ich mich in ungewohnter Frühe zum Osing auf – und wurde nicht enttäuscht. Obwohl äußerlich einfach eines der üblichen ländlichen Feste mit Bierzelt, Ansprachen, Chor- und Blasmusik, schien doch die Lebendigkeit einer authentischen Landwirtschaftskultur auf. Vor allem weil jede Verlosung am Grundstück erfolgen muss und wir deshalb auf einer halbtägigen Wanderung unterwegs waren. Ein Abweichen von diesem Brauch würde pro Grundstücksverlosung ( und es waren sehr viele) 500€ kosten. (Manch heutiger geldskeptischer Commonist oder Allmendefan würde sich wundern, wieviel Geldstrafen seit jeher in den Allmendesatzungen vorgesehen sind 😉 In den Gesprächen am Wege wurde deutlich, wie existentiell dieser Boden auch heute noch für seine Bauern ist, auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung nicht mehr so hoch wie in den Hungerzeiten ist, in denen gerade dieser für den Kartoffelanbau geeignete Landstrich das Überleben sicherte. Der Großvater der jungen Frau, die die legendäre Stifterin Kaiserin Kunigunde verkörperte, starb durch einen Unfall bei landwirtschaftlicher Arbeit auf dem Solling wenige Woche vor dem Ereignis, auf das er sich so sehr gefreut hatte.
Nachdem mich am Morgen das Taxi zwölf Kilometer durch zauberhafte Morgennebel zum Osing gebracht hatte, wanderte ich dann an einem spätsommerlich sonnigen Nachmittag durch einsame Wälder und Fluren zurück nach Bad Windsheim.
