Elisabeth Meyer-Renschhausen, mit der ich u.a. das Interesse am Hirtenwesen teile und die zu den GründerInnen des Allmendekontors auf dem Tempelhofer Feld gehört, bemüht sich seit einiger Zeit, Schafe wieder in Berlin, vor allem, aber nicht nur, auf dem Tempelhofer Feld, heimisch zu machen. Das könnte durch einen Wanderschäfer besorgt werden oder auch anders geschehen.
Jetzt benutzte sie eine Feier auf dem Feld, um dafür Werbung zu machen, bzw. mich Werbung machen zu lassen 😉 Im Grund ist es eine naheliegende Idee, auf einer riesigen Grasfläche, die zur modernen Allmende werden soll, das zu tun, was auf Allmenden immer geschah: Tiere weiden zu lassen. Das ist gleichermaßen nützlich, nachhaltig und dekorativ. Dementsprechend gibt es dafür auch große Sympathien – freilich auch einige Bedenken, z.B. dass der Schafkot mit dem Liegebedürfnis der Besucher kollidieren könne. Das erscheint eher als ein lösbares Problem, sei es durch Zäune oder durch Achtsamkeit.
Neben der nützlichen und ästhetischen Bedeutung kann das Projekt aber auch eine darüber hinausweisende symbolische haben: In unserer Zeit, in der, nachdem sie die menschliche Kultur fast von Anfang an begleitet haben, das Ende der Haustiere gekommen zu sein scheint, ist es sehr angebracht, dagegen ein Mahnzeichen zu setzen. Zu unseren Lebzeiten sind die Weidetiere weitgehend von den Weiden verschwunden und zuerst in Ställen, dann in Tierfabriken verschwunden. Der Trost, dass es in anderen Regionen der Welt noch Hirtenvölker und größere Bedeutung der Weidewirtschaft gibt, ist nur ein schwacher. Auch diese sind vom Verschwinden bedroht. Landgrabbing, Bewässerungsprojekte und Klimaveränderung rauben ihnen die Lebensgrundlage. Nur ein Beispiel: im südlichen Marokko führten Stauseen zur Bewässerung der Datteloasen im Oberlauf dazu, dass der Oued Draa, der größte Fluss Marokkos, im Unterlauf, wo nomadische Berber leben, über große Zeiten kein Wasser mehr führt, und die Hirten keine Aussichten haben, ihr angestammtes Leben weiterführen zu können.
Schafe für das Tempelhofer Feld sind mithin in vielfacher Hinsicht eine schöne Idee, aber beileibe keine neue. Schon lange vor der Nutzung als Flughafen weideten dort Schafe, in manchen Zeiten mehrere tausend, und auch neben dem Flugbetrieb blieb das bis Anfang der 90er Jahre erhalten. Dokumentiert ist das auf der Webseite von Peter Papke
Tempelhofer Feld um 1900
Tempelhofer Feld 1969 (mit Flugzeugen)
Die Stilllegung sollte dem eine neue Chance geben. Vgl. dazu den Tagesspiegel und die Morgenpost. Nach einem Artikel in der BZ ist der Wunsch nach einer Schafherde der meistgenannte unter den Besuchern.